Page 24 - BDB Nachrichten 3-2019
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Klima/Lüftung/Heizung
Architektonische Freiheit
für Passivhäuser durch
intelligente Technik
In dem Hannoveraner „zero:e park“ wird der thermische Kom- fort in einem 170 Quadratmeter großen Passivhaus komplett mit nur einer einzigen Anlagentechnik erreicht, der Luftheizung „Genius“ von Systemair. Neben der Heiz- und Kühlfunktion (bis zu 5 bzw. 3,5 kW Leistung) sowie der kontrollierten Lüftung mit Wärme- sowie Feuchterückgewinnung ist auch die Warmwas- serbereitung integriert. Die Energieversorgung der Anlage er- folgt über eine hauseigene Photovoltaik-Anlage, die mehr als 65 Prozent des eigenen Strombedarfs abdeckt.
Statt des ästhetisch fragwürden Schuhschachtel-Designs von Niedrigstenergie- oder Passivhäusern weist der Einfamilien- haus-Neubau in der Null-Emissions-Siedlung alle Elemente auf, die modernes Bauen ausmachen: Versprünge in der Fassade und bodentiefe Fenster, großzügige Lichtbänder und eine teil- weise in die Gebäudehülle integrierte Doppelgarage. Das kom- plette Instrumentarium der zeitgenössischen Architektur wird bespielt und trotzdem ist der Neubau energetisch auf Passiv- haus-Niveau (Heizwärmebedarf < 15 kWh/m2a) angekommen.
Eine wesentliche Voraussetzung dafür war der Ansatz, das In- nen und Außen des Objektes gleichzeitig zu denken. Bei stoff- lichen Fragen wie der Bodenplatte (24er XPS-Perimeterdäm- mung zweilagig), dem massiven Wandaufbau (überwiegend 17,5er Kalksandstein plus 30 cm Mineralwolldämmung, Holzfa- serdämmplatte als Putzträger, abschließend Mineralputz) oder dem Sichtestrich im Erdgeschoss war das kaum herausfor- dernd. Viel mehr dafür bei der Fassade oder bei der offenen Raumgestaltung im Innern, mit Raumhöhen bis 2,85 Meter. Vor allem die großzügigen Fensterflächen verlangten der Planung viel Kreativität ab, um die Zielsetzung „Passivhaus“ einzuhalten.
Dämmen plus Technik optimal
Der entscheidende Schritt zur energetisch vorbildlichen Lösung kam daher nicht über die Architektur, sondern über die Haus- technik. Anstelle eines konventionellen (Rest)Wärmeerzeugers mit typischerweise wassergeführter Verteilung wurde „Ge- nius“ von Systemair in Ansatz gebracht – eine Luftheizung, die gleichzeitig kühlt und das Brauchwarmwasser bereitet. Dieses Technikkonzept überzeugte, weil es sämtliche Funktionen in ei- nem kompakten Gerät vereint und somit wesentlich wirtschaft- licher und funktionaler ist als herkömmliche Lösungen. Die Luftheizung bedient in diesem Fall die Wünsche an die Innen- architektur, nämlich den Verzicht auf Heizkörper sowie auf eine Flächenheizung im Estrich. Denn der sollte ja, siehe oben, als Sichtestrich ausgeführt werden und damit das bekannte Risiko der Rissbildung ausschließen. Die Heizleistung der steckerfer- tigen Technologie liegt bei bis zu 5 kW, was bei exzellent ge- dämmten Außenwänden im Regelfall nur zu einem Bruchteil abgerufen wird. Daher steht auch bei hohen Spitzenlasten für die Trinkwarmwasserbereitung eines 4-Personen-Haushalts
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170 Quadratmeter Wohnfläche in einer Architektur, der man den Passivhaus-Standard selbst auf den zweiten Blick kaum ansieht: der Architektenneubau im „zero:e park“ in Hannover. (Fotos: Systemair)
Großzügige Offenheit zeichnet die Innenräume aus.
noch genug Energie zur Verfügung; ein Nachheizen des inte- grierten 150-Liter-Speichers per E-Patrone bleibt also Theorie.
Typisch für Niedrigenergie-Objekte ist aber, selbst mit wirksa- mem außenliegenden Sonnenschutz, der vergleichsweise hohe Leistungsbedarf für die Kühlung. Denn große Fensterflächen und die hervorragend gedämmte Bauweise sorgen im Sommer für hohe Wärmeeinträge. Mit „Genius“ stehen jedoch durchgän- gig 3 bis 3,5 kW Leistung für die aktive Kühlung bereit, die über das Luftverteilnetz unspürbar zu einer Temperaturabsenkung um etwa 6 K führen. „Dieses ∆t ist im System hinterlegt und entspricht der Temperaturdifferenz, die als Maximalwert emp- fohlen wird“, weiß Systemair-Produktmanager Reiner Hackl: „Alternativ ist es aber
genauso möglich, mit beispielsweise 23 °C als Festwert zu ar- beiten. Entscheidend ist letztlich der Nutzer und seine individuellen Komfortansprüche!“
Kaum größer als ein Gefrierschrank: die Haus- technikzentrale „Genius“.
BDB-Nachrichten Journal 3/2019